Bildung beginnt mit der Geburt. Die individuelle Begleitung und Förderung von Bildungsprozessen der Kinder in Familie und Kindergarten ist bedeutsam für Entwicklungsverläufe und gelingende Bildungsbiografien. Der baden-württembergische Orientierungsplan stärkt die Kinderperspektive und setzt ganz bewusst an den Motivationen des Kindes an. Damit Entwicklungs- und Bildungsprozesse nach dem Kindergarten organisch fortgesetzt werden können, schließt der Bildungsplan der Grundschule an den Orientierungsplan passgenau an. Wesentliches Merkmal beider Pläne ist die an den Potenzialen des Kindes orientierte pädagogische Begleitung, Unterstützung und Förderung. Kein Kind soll verloren gehen!
Beeinträchtigte Kinder, Kinder mit Entwicklungsverzögerungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen, Kinder mit großem Unterstützungsbedarf sowie Kinder mit geringen familiären Entwicklungsmöglichkeiten sollen möglichst frühzeitig erkannt und gefördert werden. Im Orientierungsplan bekommen die sozialpädagogischen Fachkräfte hierfür Anregungen.
Die geplante um ein Jahr vorgezogene Schulanmeldung und die vorgesehene Neukonzeption der Einschulungsuntersuchung durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst sollen mit verbesserten Diagnoseinstrumentarien zusätzlich dazu beitragen, förderungsbedürftige Kinder zu erkennen und ihren individuellen Förderbedarf festzustellen. Deshalb soll die Einschulungsuntersuchung in 2 Schritte aufgeteilt werden:
Der 1. Schritt soll im vorletzten Kindergartenjahr (24 bis 15 Monate vor Einschulung) erfolgen, um evtl. Förderbedarf rechtzeitig zu erkennen und notwendige Fördermaßnahmen einzuleiten.
Der 2. Schritt der Einschulungsuntersuchung soll zum Ende des letzten Kindergartenjahres erfolgen, mit dem Ziel die gesundheitliche Schulreife festzustellen. (Grafische Aufbereitung des vorgesehenen Ablaufplans siehe Anlage.)
Die Kooperation zwischen Kindergärten und Grundschulen hat in Baden-Württemberg Tradition. Neue Kooperationswege wurden im Rahmen von „Schulanfang auf neuen Wegen“ erprobt und führten zu gemeinsam vereinbarten Verbindlichkeiten. Auf dem Hintergrund des Orientierungsplans für Kindergärten und des „Schulreifen Kindes“ soll die Kooperation und das Netzwerk der Angebote zur Unterstützung von Kindern mit strukturell und graduell unterschiedlichem Förderbedarf (einschließlich Kindern mit Behinderungen) und ihrer Eltern intensiviert werden.
Im letzten Kindergartenjahr soll die Kooperation zwischen Kindergarten und Schule - über die bisherige Kooperation hinaus - intensiviert werden. Für die Gruppe der förderungsbedürftigen Kinder soll eine zusätzliche Förderung angeboten werden. Folgende Modelle mit ihren Varianten werden in einer vierjährigen Erprobungsphase ab dem Kindergartenjahr 2005/06 durchgeführt und evaluiert (Modelle und ihre Beschreibung siehe Anlagen). Dabei ist zu beachten, dass das Modell C zwar parallel zu den anderen Modellen entwickelt und erprobt werden soll, vorrangig aber die anderen Modelle zu sehen sind, da sie vornehmlich die förderungsbedürftigen Kinder in den Blick nehmen:
Modell A: Förderung in Präventivklassen (Umfang ± 18 Stunden)
A 1: ½ Jahr vor der Einschulung durch Personal der Grundschulförderklassen
A 2: 1 Jahr vor der Einschulung durch Personal der Grundschulförderklassen
Modell B: Förderung in Präventivgruppen (Umfang: 4 bis 8 Stunden)
B 1: in jedem Kindergarten (Lehrkräfte + Erzieherinnen)
B 2: in zentralen Kindergärten (Lehrkräfte + Erzieherinnen)
B 3: in Schulen (durch Personal der Grundschulförderklassen oder Lehrkräfte in Kooperation mit Erzieherinnen)
Modell C: „Intensivkooperation zwischen Kindergärten und Schulen“
(nachrangig zu den Modellen A, B und D)
Modell D: Förderung in Präventivgruppen (Umfang: 4 bis 8 Stunden)
In jedem Kindergarten ausschließlich durch Erzieherinnen
Es besteht die Möglichkeit, weitere Varianten und Modelle zu erproben, die bei der Bewerbung näher beschrieben werden sollten. Die Landratsämter resp. Staatlichen Schulämter in den Stadtkreisen (Ämter für Schulen und Bildung) erhalten im Sinne des Budget-Gedankens einen Stundenpool für die förderbedürftigen Kinder. Das Organisationsdach für die Förderung bilden die Landratsämter resp. Staatlichen Schulämter in den Stadtkreisen, bei denen die Ämter für Schulen und Bildung mit ihren Arbeitsstellen Kooperation und den Arbeitsstellen Frühförderung, die Unteren Gesundheitsbehörden (Gesundheitsamt), die schulpsychologischen Dienste und die Jugendämter angesiedelt sind. Sie nehmen eine genaue Analyse der Standort-Umgebung vor oder beauftragen einen „Runden Tisch Schulreifes Kind“, der den Förderbedarf des Kindes feststellt.
Dieser „Runde Tisch Schulreifes Kind“ setzt sich wie folgt zusammen: Eltern des betreffenden Kindes, Schule, Kindergarten, Gesundheitsamt, Frühförderstelle, Beratungslehrer, wobei nicht alle Personen zwangsläufig am Tisch sitzen müssen. Es sind schriftliche Stellungnahmen denkbar. Praktikable Lösungen, die eine größtmöglichste Effizienz erlauben, sind zu erproben und zu evaluieren.
Die Fördermodelle und der Förderumfang orientieren sich an den bereits vorhandenen Förderstrukturen und am Förderbedarf der Kinder. Die Modelle sollen frei gewählt werden.
Für die Präventivklassen soll kein starrer Förderumfang vorgesehen werden; eine Richtgröße von ± 18
Förderstunden ist im Sinne des Budgetgedankens möglich. Eine Bandbreite von 4 bis 8 Stunden ist für die
Präventivgruppen eingeplant abhängig von der Problemdichte und von der Gruppenfrequenz. Größtmöglichste
Variabilität und Flexibilität ist deshalb die Devise für die Vorort-Lösungen, und zwar für alle Modelle mit ihren
verschiedenen Ausprägungen. Dasselbe gilt für die Betreuung. Den örtlichen Bedingungen wird dabei Rechnung getragen.