Kinder begegnen der Welt grundsätzlich offen und entwickeln vom ersten Lebenstag an in der Interaktion Vorstellungen von sich selbst, der Welt und dem Leben mit anderen. So wird das eigene Erleben, Denken, Urteilen und Handeln zunehmend ausgeformt. Dabei müssen Kinder mit der Fülle von Eindrücken, Erfahrungen, Anforderungen und Begegnungen zurechtkommen. Hierzu bedarf es eines Sinnhorizontes und eines Wertegefüges, um ihre Lebenswelt strukturieren und ihrem Handeln nachhaltig Orientierung geben zu können. In der Auseinandersetzung mit ihren Bezugspersonen (z. B. Gleichaltrige, Eltern, Erzieherinnen) bauen Kinder Werthaltungen und Einstellungen auf und entwickeln so ihre eigene Persönlichkeit.
Kinder entwickeln Achtung vor den unveräußerbaren Grundrechten und -freiheiten, wenn sie in konkreten Alltagshandlungen erfahren, dass ihre Rechte als Kind und die Rechte anderer geachtet werden. Die UN-Kinderrechtskonvention formuliert in Artikel 29 das Recht des Kindes auf eine an Werten ausgerichtete Bildung, auf die individuelle Entfaltung der Begabungen, Talente und Fähigkeiten, auf Achtung vor anderen, auf Freiheit, Frieden, Toleranz, Gleichberechtigung und auf Verantwortung für die natürliche Umwelt.
Kinder entwickeln diese Werte als Sinnhorizont und Orientierung für ihr eigenes Handeln unter der Voraussetzung, dass diese Werte von den Menschen auch gelebt werden, die ihnen für die Konstruktion des eignen Weltbildes Modell stehen. Wichtig ist, dass Kinder in ihrem Selbstbestimmungsrecht ernst genommen werden und den Umgang mit der Spannung von Freiheiten und Grenzen einüben können. In der Erzieherin finden sie ein verlässliches Vorbild. Sie selbst steht überzeugend für Sinn und Wertorientierung, z. B. bezüglich der natürlichen Lebensgrundlagen, der kulturellen und biologischen Vielfalt, der Frage von Gerechtigkeit und globaler Verantwortung. Es ist von besonderer Bedeutung, dass sich Kinder als Teil der Natur erleben und Natur nicht als etwas außerhalb des Menschen Angesiedeltes begreifen, das man schützen müsse, sondern als Teil unseres Lebenszusammenhanges, den wir verantwortlich nutzen und zu erhalten haben.
Beim Erleben religiöser Traditionen spielen religiöse Feste, symbolische Handlungen, Ausdrucksformen und Geschichten eine wichtige Rolle. Kinder sollen in ihrem Philosophieren bzw. Theologisieren über Gott, Grund und Ursprung der Welt, das Warum von Leben und Leid ernst genommen werden und verständnisvolle Partner finden können. Dabei gilt es angesichts der Vielfalt von Wert- und Sinnsystemen den ständigen Dialog zwischen Tageseinrichtungen für Kinder und dem Elternhaus zu gestalten. Alle Beteiligten
lernen dabei mit Vielgestaltigkeit zu leben, das heißt sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede differenziert zu entdecken, wahrzunehmen und wertzuschätzen.
In diesem Sinne sind die Träger von Kindertageseinrichtungen aufgefordert, entsprechend ihrer Trägerautonomie sowie der Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und pädagogischen Fachkräften die verbindlich vorgegebenen Ziele für das Bildungs- und Entwicklungsfeld „Sinn, Werte und Religion“ gemäß ihrem weltanschaulichen bzw. religiösen Hintergrund inhaltlich weiterführend zu präzisieren und transparent zu machen.
Ziele: Kinder
- entwickeln Vertrauen in das Leben auf der Basis lebensbejahender religiöser bzw. weltanschaulicher Grundüberzeugungen und werden in der Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft gestärkt,
- kennen unterschiedliche Zugänge zum Leben (religiös-weltanschaulich, technisch-naturwissenschaftlich, künstlerisch u. a.) und vielfältige religiöse und weltanschauliche Orientierungen,
- kennen und verstehen die christliche Prägung unserer Kultur,
- kennen die Wirkung sakraler Räume, Rituale und Symbole, die die Erfahrung von Geborgenheit, Gemeinschaft, Stille, Konzentration ermöglichen,
- können in ihrem Philosophieren und / oder Theologisieren über das Leben und die Welt verständnisvolle Partner finden,
- erleben unterschiedliche Weisen, nach Sinn zu fragen und Werte zu leben und kommunizieren darüber,
- kennen ihre religiösen bzw. weltanschaulichen Wurzeln,
- bringen sich zusammen mit anderen in die nachhaltige Gestaltung ihres sozialen und ökologischen Umfeldes ein,
- tragen zu einem gelingenden Zusammenleben in der Gruppe bei,
- sind in der Kindertageseinrichtung angenommen und geborgen – auch mit ihren religiösen bzw. weltanschaulichen Prägungen, Haltungen und Meinungen.